Gerade jetzt, wenn es kalt wird und wir uns alle nach Gemütlichkeit sehnen – können sich sicher viele keinen besseren Bücherort vorstellen als eure Buchhandlung Drachenwinkel. Merkt ihr einen saisonbedingten Unterschied?
Was den Betrieb im Laden angeht, merken wir eigentlich keine jahreszeitlichen Unterschiede, von den Weihnachtseinkäufen einmal abgesehen.
Im Herbst startet das Veranstaltungsprogramm nach der Sommerpause wieder, da freuen wir uns jedes Jahr besonders drauf. Normalerweise veranstalten wir von Ende August bis Ende Mai jeden Freitag eine Lesung, mit Ausnahme der hohen Feiertage und der Buchmessen – die sind ja auch hohe Feiertage für Buchmenschen (lacht). Im Juni findet das von uns organisierte Buchmesse Saar Festival statt und danach haben wir erstmal Pause.
Vielleicht könnt ihr kurz einmal zusammenfassen, was eure Buchhandlung ausmacht – wo sich euer Laden befindet, was eure Schwerpunkte im Sortiment sind, welche Kund*innen zu euch kommen?
Der Fokus der Buchhandlung Drachenwinkel aus dem schönen Dillingen-Diefflen im Saarland liegt auf Unterhaltungsliteratur: Phantastik, Krimi, Thriller, Historisches und natürlich Kinder- und Jugendbuch sind unsere Spezialität. Durch unser vielfältiges Veranstaltungsprogramm und unsere Signieraktionen haben wir Kund*innen aus dem kompletten DACH-Raum. Nur mit Laufkundschaft könnte sich vermutlich keine Buchhandlung im kleinen Dorf halten, sodass wir kreativ werden mussten.
Unser breites NonBook Sortiment mit großem Kinderparadies – mit Holzspielzeug und Plüschtieren – Schmuck und Deko sowie Met bietet den Kund*innen dann immer noch einen weiteren Grund, uns zu besuchen.
Gehen wir noch einmal auf den Aspekt der Veranstaltungen genauer ein. Diese haben, wie ihr schon gesagt habt, einen ganz besonderen Stellenwert bei euch. Wie können wir uns euer Angebot besser vorstellen und welche Erfahrung macht ihr damit?
Unser Veranstaltungsprogramm ist, was uns so besonders macht. Nicht nur die schiere Masse der Lesungen, sondern insbesondere die Qualität des kuratierten Programms hat sich herumgesprochen, sodass wir mittlerweile für diejenigen, für die die Anfahrt zu weit ist, einen Streamingdienst anbieten. Trotzdem dürfen wir immer wieder Besucher*innen aus der kompletten Republik und sogar aus dem Ausland begrüßen, worüber wir uns jedes Mal freuen.
Dass wir neben der schönsten Lesebühne im Südwesten außerdem noch frisches Popcorn, eine breite Getränkeauswahl und den gemütlichen Pizza-Ausklang mit den Autor*innen in den Ring werfen können, macht die meisten unserer Besucher*innen zu Wiederholungstäter*innen.
Wie viele Menschen kommen zu einer Lesung bei euch?
Im Laden selbst haben wir eine Obergrenze von 150 Zuhörer*innen. Wenn die nicht reichen, z.B. bei Arno Strobel, gehen wir ins Gemeindehaus gegenüber mit 280 Besucher*innen.
Wie würdet ihr eure Philosophie zusammenfassen – was für ein Ort soll eure Buchhandlung sein?
Wir machen, was wir lieben – und das merkt man. Sowohl unser Veranstaltungsprogramm als auch die präsentierten Bücher und anderen Waren sind ein Querschnitt dessen, was wir selbst cool finden. Das gibt uns eine Authentizität, die bei den Leuten ankommt. Wenn wir Titel empfehlen, dann mit der Leidenschaft des Selbst-Gelesenhabens. Zudem ist der Drachenwinkel ein Ort des Willkommens, in dem es keinen Platz für Hass, Hetze oder Feindlichkeiten gibt. Das ist uns wichtig.
Welche Autor*innen werden bei euch zu besonderen Publikums-Magneten? Und bemerkt ihr einen Unterschied, wenn ihr mit Selfpublisher*innen zusammenarbeitet oder mit Autor*innen hinter denen Verlage stehen?
Markus Heitz, Arno Strobel, Christian von Aster und Martina Straten sind meist schneller ausverkauft, als wir gucken können. Martina ist Selfpublisherin. Auch Greg Walters, Mira Valentin und Isa Theobald veröffentlichen im Eigenverlag und hybrid. Den Leser*innen und Besucher*innen ist es meist gleichgültig, ob ein Verlag hinter den Autor*innen steht – spannende Geschichten und gute Bücher mit professionellem Cover, Lektorat etc findet man mittlerweile auf beiden Seiten.
Inwiefern lässt sich etwas von euren Erfahrungen auch auf andere Buchhandlungen übertragen – auch auf diejenigen, die keine so spitze Ausrichtung haben? Oder anders: Was würdet ihr Kolleg*innen raten, die sagen – bei uns im Laden könnte mehr los sein – oder auch – uns fällt es nicht leicht, junge Kund*innen zu erreichen?
Offen sein! Wir mussten auch über unseren Schatten springen, um der Romantasy und dem New Adult Genre eine Chance zu geben, aber es hat sich definitiv gelohnt. Selfpublisher nicht per se abweisen, da kann man echte Perlen entdecken, gerade auch lokal (auch wenn wir im Saarland da echt verwöhnt sind mit den Fantasy-Lokalmatadoren). Veranstaltungen nicht nur vom finanziellen Aspekt her bewerten, sondern auch als Chance sehen, neue Zielgruppen anzusprechen. Und weiterhin für das zu brennen, was man macht – Begeisterung steckt an!
Danke, liebe Isa, für den spannenden Einblick in die Arbeit des Drachenwinkels! Und danke an BoD für das Überlassen der tollen Fotos!
Isa Theobald
„Geek in charge“ bei der Buchhandlung Drachenwinkel
Isa kümmert sich im Drachenwinkel um den Einkauf neuer Titel – vor allem in den Bereichen Comic und Graphic Novel, Rollenspiel-Titel und Produkte von Games Workshop. Außerdem unterstützt sie ihren Chef, Karsten Wolter, beim Booking der Künstler*innen für das Programm und macht viel Backoffice. Und wenn englischsprachige Autor*innen auf der Bühne stehen, ist sie die deutsche Stimme und übersetzt bei Bedarf auch simultan die Publikums-Fragen und -Antworten.
Seid ihr Kolleg*innen aus dem Buchhandel und habt noch weitere Fragen zur Arbeit des Drachenwinkels? Dann könnt ihr euch auch gern direkt an Isa wenden: isa.theobald@drachenwinkel.de
Weiter Informationen findet ihr aber auch auf der Website des Drachenwinkels.